Geschrieben von Perikles Steiff-Bär
Oh, ein Korb. Wie schön. Darin lässt sich gut reisen. Wir sind zu dritt; zwei mit einem roten Knopf vorne und ich – nein, Moses kommt auch noch und beansprucht viel Platz. Bären, es wird eng. («Hätten alle meine Grösse, wäre es ein Vierplätzer», kommentiert er) Der Korb ist aus Weiden geflochten und stammt aus der Romandie, sagt unser Mensch, wo er lange in der gleichen Familie gewesen sei. Wir sitzen nicht direkt auf den Weiden, sondern haben eine weisse Decke, die uns vor Verletzungen schützt, falls ein Zweig gebrochen ist. Wir werden getragen und können unsere Pfoten schonen, das ist ganz in Ordnung so. Es schaukelt ein wenig, wenn der Mensch läuft; er hat ja nur zwei Beine, und da kann er nicht anders als mit den Armen zu rudern, weil er sonst umfallen würde.
Es wird eng im Voralpenexpress für vier Bären im gleichen Korb
Wir fahren wieder Zug. Diesmal hat es grüne Polster. Das ist der Voralpenexpress, der zwischen Luzern und St. Gallen hin und her fährt. Die beiden mit dem roten Knopf vorne sind Schweizer Bären, sie sagen sie heissen Mutzli und der Braune brummt «ich bi glaub öppä Sächzgi und innedrah hani Stroh» (wenn ich seine Sprache richtig schreibe), und der Graue ist ein bisschen vorsichtig mit seine Kopf, da er nur noch sehr lose sitzt. Wahrscheinlich ein alter Headbanger. «Mir fahred uf Sanggallä» meint er, «mir wärded untersuecht und gflickt.» Aus dem Zug nebenan wird uns zugelächelt und gewunken, wir winken natürlich zurück. «Da werden wir gewunken» meint Moses, wo er bloss diese Satzkonstruktion her hat?
Hallo! Hier sind wir! Hey, wir werden gewunken!
Die Stadt, in die wir wollen, also müssen, weil wir in die ‹Klinik› fahren, heisst in richtigem Deutsch Sankt Gallen und hat einen Bären im Wappen. Das ist schon mal gut. Der Bär stammt aus der Legende des Heiligen Gallus, aus dessen Klause die Stadt entstand. Das ist aber schon lange her. Moses meint, der Bär habe keinen Knopf im Ohr, aber das sagt er immer. Er ist wie ein Mensch – die schauen uns Bären auch zuerst ins Ohr und erst dann in die Augen.
Wir fahren Bus in St. Gallen und es hat immer mehr Zeugs im Bärenkorb
Wir fahren Bus, mit blauen Polstern, rundum hat es Schüler die uns in den Korb schauen. Ich habe unterdessen ein Buch an der Nase. Es hat noch weitere Sachen im Korb, irgendwie fällt hier alle paar Minuten etwas rein. Item, das Erste, was wir sehen, nachdem wir angekommen sind, ist eine Raumstation. Wir müssen aber nicht dort hinein, sondern werden ein wenig weiter getragen, bis zu einem älteren Haus mit einer Steintreppe und einem schwarzen Geländer.
Moses riskiert einen Blick in die Klinik
Draussen brennt und blendet die Sonne, hier drinnen sitzen wir bei einem Ventilator im kühlen Halbdunkel; es scheint zumindest so, bis wir uns daran gewöhnt haben. Unser Mensch hebt uns aus dem Korb, einer nach dem anderen, und setzt uns auf den Tisch; die Plastikdecke ist kalt und hellgrün und hat Blumen darauf, eine künstliche Wiese? Vor dem Fenster hängt ein weisser Vorhang. Über uns hängt ein Spiegel. (Moses schielt ständig darauf) In einer Vitrine hat es kleine Sachen. Eine stumme Topfpflanze steht herum. Alle Räume sind bis unter die Decke voller Bären, Puppen, kleinen Küchen, kleinen Blechsachen und Kleidern. Ein Korb mit Rädern und grossen Bären darin steht neben uns.
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