Geschrieben von Moses Steiff-Bär
Wir scheinen nicht mehr geradeaus zu fahren. Ich halte meine Nase in die Karte und schaue nach, «wo sind wir» fragt der Mensch; der ist gut, fährt einfach mal los und weiss dann nicht wohin. Wo du wolle? Ich gebe klare Anweisungen, und es geht wieder eine Weile geradeaus, bis eine Kurve nach der anderen folgt. Ich halte mich fest und siehe da, gegen Mittag sind wir in einem grossen Haus mit anderen Menschen, ich bin aber der einzige Bär. Wie immer. Ein Bär allein unter Menschen, wenn das bloss nicht abfärbt.
Wir gehen spazieren und setzen uns vor einem anderen Haus hin – mein Mensch sich auf die Bank mit der Wolldecke, ich mich auf den langen Holztisch mit den Aschenbechern und den Gläsern, in denen Besteck steht, das in grüne Papierservietten eingehüllt ist. Die Nase habe ich im Wind. Er spielt mit meinem Pelz und schaukelt mich sogar ein wenig. Ein Getränk wird gebracht, für mich ist aber nichts dabei. Der Mensch schraubt an seinem Füllfederhalter herum, der mehr kratzt als schreibt, und nimmt einen Schluck von seinem Getränk, das entfernt nach Zwetschgen duftet, aber aussieht wie viel zu dünner Kaffee.
Meine Nase besteht aus Zwirn, sage ich jetzt mal, und bei mir sind die Fäden nicht mehr ganz symmetrisch, aber das macht mich erst richtig interessant. In einem Buch steht, dass ich mit meiner Nase «ziemlich unfreundlich» wirke, so hat es der Mensch zumindest vorgelesen, bei den Menschen gehen die Münder aber auch immer nach unten, aber das ist wohl nicht das Gleiche.
Nun schreibt er doch, mein Mensch, aber ich kann nicht lesen was da steht, schreibt er über mich? Ah nein, er beobachtet eine kleine blaue knatternde Libelle, in der Menschen sitzen, die fliegen wollen. (‹Robinson R44› notiert er; Angeber, Detailpfriemler, Haarspalter)
Der Kaffee duftet wirklich nicht schlecht, warum ist das Glas jetzt leer? Der Mensch hat mir alles weggetrunken. Ich hätte besser den Kaffee genommen als philosophiert. Dann setzt mich der Mensch auf einen Pfosten, und ich kriege prompt einen Holzsplitter in den Hintern. Aber die Aussicht ist schön: Berge, Himmel, Landschaft. Alles liegt mir zu Füssen.
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