Ein Bär im Alten Botanischen Garten

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Ich reise. In einem Beutel zwar, und der ist doch ein bisschen knapp bemessen, kein Vergleich zum Korb, aber ich reise. Wir rattern im grossen Bärentransporter auf den Geleisen nach Zürich und machen eine kleine Exkursion in den Alten Botanischen Garten beim Völkerkundemuseum. Er entstand 1837 auf der früheren Festung zur Katz als Garten der Universität Zürich. Heute ist der Park ein grüner Fleck inmitten von Strassen und Häusern.

Viele Autos zirkulieren rund um den Garten, man hört den Lärm auch in der Grotte. Eine Kohlmeise und ein Buchfink baden im kleinen Kanal, der Teich wirkt abgestanden. Es liegt Abfall herum, warum lassen Menschen immer überall alles liegen?

Vom obersten Teil des Gartens ist ein grosser Teil von Zürich sichtbar. Hinter mir tost der Verkehr in der Talstrasse. Die Bäume bilden ein Fenster.

Der grosse Basil bietet einer keinen Eidechse Schutz und Sicherheit. Die Reptilien sonnen sich auf der warmen Mauer, die den Gessnergarten einfasst.

Ich bin ein Gewürzbär. ‹Estragon› heisst die Pflanze, sie riecht fein. Ich nehme eine Nase voll davon. Mein Name ‹Basil› ist das englische Wort für ‹Basilikum›, und ein Vorfahre von mir war ein Heiliger. Wir sind hier im Gewürzgarten, den man im Andenken an Conrad Gessner eingerichtet hatte. Er legte den ersten Botanischen Garten in Zürich an.

Hinter mir steht das achteckige Palmenhaus von 1875, ein Pavillon aus Eisen und Glas unter Denkmalschutz. Vorher gab es hier eine Holzkonstruktion. Im Winter werden da Pflanzen hingebracht, wo sie geschützt auf den Frühling warten dürfen.

Am Kiesweg von Palmenhaus sind Blumenbeete angeordnet. Hier gibt es eine schöne gelbe Blume, nicht ganz so goldgelb wie mein Pelz. Auf der Tafel steht ‹Ephedracae› und weiter: ‹Ephedra chilensis›. Latein, sagt der Mensch. Für mich ist es die Basilblume.

Kunst ist erst mit einem Bären richtige Kunst. Der Kopf aus dem Jahr 1979 stammt von Otto Müller, gegossen bei Rüetschi in Aarau.

Wir lernen Besuch aus Sylt kennen. Röbbchen kommt von der Nordsee, duftet aber überhaupt nicht nach Fisch. Er reist im Rucksack seines Menschen mit, und wir finden Zeit für einen Fototermin. Eine Brise Meerluft in der Stadt.

Steht eine Holzskulptur vor dem Haus … ‹Infinity› heisst das Gebilde, zwei Bögen, die schweben und sich kreuzen. Die Treppenstufen sind je nach Bogen verschieden hoch. Nur komplett mit Bär.

Ich blicke aus dem Garten auf den Schanzengraben. Der war früher Teil der Stadtbefestigung. Jetzt schaukeln Boote darauf, und Menschen flanieren auf den Stegen.

Aha. Bärisches in Zürich, der Stadt mit den Löwen im Wappen. Interessanter Wegweiser. Das ist der Ausgang zur Pelikanstrasse, und wir werden diesen Hinweisen nachgehen.


‹Infinity› ist nur temporär installiert

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1 Kommentar

  1. Steffen Joeres

    Liebe Grüße von Röbbchen und Steffen von der Nordseeinsel Sylt. Ganz toller Artikel. Schön das wir Sie kennenlernen durften auf unseren Rundgang durch den alten Botanischen Garten.

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