Geschrieben von Basil Bär
Woran denkt ein Teddybär, wenn er nicht gerade mit seinem Menschen unterwegs ist? An das Kind, das ihn zuerst in den Armen trug? Das ihn auf dem Kissen schlafen liess? Im Stubenwagen draussen spazieren fuhr, auf dem Spielplatz im Sandkasten vergass, so dass die Mutter ihn retten musste, bevor der eifrige Hauswart ihn zu entsorgen drohte? Die Menschen mögen behaupten, dass Teddybären nicht denken können, weil sie ein Ding seien. Von wegen. Wer schreibt denn diesen Blog? Eben.
Mein Name ist Bär, Basil Bär; gut 50jährig und aus Sonneberg in Thüringen, 21 Zoll vom Ohr bis zur Sohle. Goldgelbes Fell. Schwarze Nase, waagrecht gestickt. Einige lose Fäden. Glasaugen. Vier Tatzen – ja, Tatzen, nicht ‹Pfoten› – mit drei aufgenähten Krallen auf der Aussenseite. Rosafarbener Filz mit etlichen kleinen Löchern auf den Innenseiten, durch die mein Innenleben schimmert. Linker Fuss etwas grob geflickt mit hellem Stoff und silbergrauem Faden. Riss im linken Bein. Lose Ohren. Reste einer roten Schleife um den Hals. Stimme noch gut.
Nun grüsst der Operationstisch in der Bärenklinik Basel. Meine Tatzen erhalten eine neue Lage aus schönem Wollfilz, meine Nase wird von den losen Fäden befreit und die Ohren werden frisch angenäht. Krallenkontrolle gibt es auch – Manicure und Pédicure für den Bären. Wir waren schon mal hier, aber das war alles Theater damals, Moses und Perikles machten mit, ich schaute mal bei den Proben rein. Heute gilt es aber ernst für mich.
Ich habe es noch gut; der Kerl hier in der Schachtel hat schon einiges mitgemacht. Er sei gut 100 Jahre alt, höre ich. Da stecken Nadeln drin, wie bei einer Voodoo-Puppe, und Augen hat er auch keine mehr. Gruselig. Wie sehe ich wohl aus, wenn ich ein solches Alter erreiche? Was wird mein Mensch einst mit mir machen?
Eine Pinzette hilft, die Stoffreste im Hals zu entfernen. Was nun? «So ein Bändeli wäre noch schön», sagt der Mensch. Aus einer kleinen goldfarbenen Schachtel wird ein Band hervor geholt und auf die Länge geschnitten. Es ist ein schönes, reines Seidenband von Sarasin, Thurneysen AG; rot mit gelben und blauen und violetten Blüten und grünen Ranken, richtig edel sieht das aus. Pimp the Teddy.
Im Gewusel des Bahnhofs reicht es noch für einen grossen Becher Tee, bevor wir uns wieder in einen Zug setzen; der Mensch auf den Sitz und ich auf das Tischchen beim Fenster, wo ich mir meinen Bauch mit seinem Tee wärme. Hübsch bin ich wieder geworden, ich fühle mich ganz bärig. Moses hat keine solche Schleife. Auch die von Perikles ist nur rot. Ist doch schön, ein solches Bärenleben. – Ich gucke über den Teebecher auf die Zugbegleiterin, die wissen will, ob ich auch ein Billett dabei habe. Mein Mensch sagt, dass ich als Handgepäck reise! Ich, Basil Seidenband, ein Gepäckstück? Und die Frau grinst noch und meint, das könne man so gelten lassen!!
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