Geschrieben von Moses Steiff-Bär
Der Mensch plant eine Reise. Er ist unempfänglich (sagt man das so?) für die Wettermeldungen aus dem Radio, und so müssen wir Bären immer auf alles gefasst sein. Erste Schritte ausser halb der Höhle bestätigen uns: es ist kühl, feucht und grau. Wir werden in einer Fototasche transportiert, der Mensch klappt ein mobiles Dach auf, von dem es zu uns in die Tasche tropft. Wir schaffen es trotzdem einigermassen unbeschadet auf den Gipfel, was fotografisch dokumentiert wird. Die Raumstation im Hintergrund gehört der swisscom. Sieht futuristisch aus. Meine blaue Schleife leuchtet ganz hübsch.
Die Schwebebahn bringt uns von unten nach oben. Die beiden dicken Kabel sind die Tragseile. Das System kennen wir vom ‹Hohen Kasten›.
Wir sind 2,502 Meter über Meer. Theoretisch blickt man auf sechs Länder. Der Mensch sagt dem ‹Aussicht› und murmelt etwas von ‹Sonnenbrille›.
Seit 1882 gibt es eine Wetterstation auf dem Säntis. Hier sehen wir die originale Hütte, in der die Messinstrumente standen. Die Daten wurden vom Wetterwart in ein Buch eingetragen und mit Telegraphie ins Tal übermittelt Auf dem Mast hat es neue Geräte.
Noch mehr Instrumente. Diese stehen auf einer kleinen Plattform. Heute ist alles automatisch.
Da sind Menschen auf dem Säntis! Sicher Teilnehmer eine Expedition auf der Suche nach Sonne. Unsereins sitzt gepflegt im Trockenen.
Wir sind in der Ausstellung zur Geschichte des Säntis-Massivs. Es geht hier um Gelogoie und Metoregolie – Geologie und Meteorolgie – sag ich doch: Goleo… Gelego… – Erdkunde und Wetterkunde – ja gut dann eben. Die Ausstellung ist gut gemacht (sagt der Mensch) und recht gross. Bären kommen nicht vor.
In der Bergstation auf dem Säntis wird uns der blaue Teppich ausgerollt. Seit 200 Millionen Jahren gibt es Bären und Schafe. Der Mensch kam erst viel später.
Gebirgsbär Moses und Bergschaf Hedwig erkunden die Felslandschaft auf dem Gipfel des Säntis. Ein kurzer Ausflug zurück an die frische Luft, damit der Mensch seine Fotos machen kann. Schöne Modelle, nicht war?
Genug des Nebels, zurück in die Station. Wir sehen hier die Tafel mit den Patenschaften für die grosse Schweizerfahne. ‹Kultur im Bären› steht da. Bären sind Kultur. Alles andere ist Beilage.
Auf dem Bildschirm ist ein Stück Himmel tatsächlich blau. Der Automat kontrolliert, ob der Mensch ein gültiges Billett hat. Ich prüfe das auch nach, sicher ist sicher, Automaten kann nicht getraut werden. Bären und Schafe fahren gratis.
Die Kabel verschwinden immer noch im Nebel. Grau in Grau, aber ich habe ja eine blaue Schleife, die passt zu allen motro … metreo … ah, Wetterverhältnissen.
Hedwig findet eine Salatschüssel und mampft friedlich ihren Bauch voll. Der Mensch verbiegt noch schnell das Gestänge seines Regenschirms. Der gelbe Bärentransporter fährt vor, und wir machen uns auf den Weg zurück in unsere Höhle.
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