Geschrieben von Les Ours
Eine Exklave ist eine Insel, die ganz von Land umgeben ist. Sagt der Mensch. Wir wollen uns das anschauen und fahren nach Büsingen, einem Stück Deutschland in der Schweiz. Die Geschichte geht weit zurück und hat mit der Entführung eines Eberhard Im Thurn zu tun, und mit Lösegeld und mit Pfandschaft und mit landgräflichen Rechten. Das ist fast 300 Jahre her. Berühmt ist das Dorf für seine schöne Bergkirche St. Michael, die auf einem Hügel steht. Ihr Turm leuchtet weiss unter grauen Wolken.
Zürich HB. Von hier geht die Reise nach Schaffhausen und von dort weiter mit einem motorisierten Bärentransporter der Verkehrsbetriebe über die Grenze. Das alles ohne Zoll, aber das mobile Sprachgerät vom Menschen piept: Die Bundesregierung wünscht ‹Willkommen› und bittet um die Beachtung der Regeln zur Quarantäne. Wir sind geimpft und entwurmt, also kein Problem.
Wir werten das Wandbild am Rathaus Büsingen auf. Freundliche Menschen geben uns Auskunft, und gleich nebenan ist die kleine Poststelle mit zwei Postleitzahlen: 78266 für Deutschland, 8238 für die Schweiz. Die Post kommt mit beiden Zahlen an. Es gibt zwei Telefonnummern, das Autokennzeichen ist aber deutsch: BÜS. Das bedeutet, das diese Autos am Zoll als Schweizer Autos angesehen werden. Im Dorfladen an der Junkerstrasse 64 ist die Währung Schweizer Franken, die € bleiben in der Tasche.
Wir sind hier unterwegs auf dem Büsinger Exklavenweg und sitzen am Rhein, der Hochwasser führt. Sonne und Wolken wechseln sich ab. Die Landesgrenze verläuft mitten im Fluss. Das hier ist das rechte Ufer, gegenüber liegen der Kanton Schaffhausen und die Schweiz.
Dieser Exklavenweg umrundet die Gemeinde. Die ganze Wanderung dauert etwa zwei Stunden. Der Prospekt markiert die wichtigen Stellen. Es gibt 122 Grenzsteine, der Stein mit der Nummer 1 heisst ‹Hattingerstein› und liegt im Rhein. Er ist der älteste Schaffhauser Grenzstein.
Wir schauen uns den Spezialfahrplan an. Der Pegelstand des Rhein ist so hoch, dass das Schiff in Diessenhofen nicht mehr unter der Brücke durchkommt. [zur Zeit des Besuchs. vgl. Fahrplan heute]
Da taucht das Städtchen in der Biegung auf. Das Schiff ‹MS Thurgau› fährt gegen den Strom, es kommen Boote und Kanus entgegen. Am rechten Ufer liegt die deutsche Gemeinde Gailingen, die auch an Dörflingen im Kanton Schaffhausen grenzt. Die Schweiz und Deutschland wechseln sich ab, die Wolken sind jetzt weiss.
Wir wechseln auf das andere Schiff, die ‹MS Schaffhausen›, einige Menschen reklamieren, weil es zu weit zum laufen sei. Das Bild zeigt die Bibermüli (sagt der Mensch), das Schiff fährt weiter und wechselt in der Fahrrinne immer wieder von einer Seite des Flusses auf die andere. Das linke Ufer gehört zum Kanton Thurgau, am rechten Ufer ist jetzt der Kanton Schaffhausen.
Das sind die Brücken bei Hemishofen. Der Stahlviadukt trägt die Eisenbahn, die Betonpfeiler stützen die Strasse. Vorne sind die Tafeln für die Fahrrinne, die Pfähle sind numeriert. Das hier ist die Nummer 49. Die Fahrt geht weiter nach Stein am Rhein, das ganz zu Schaffhausen gehört. Die Schifflände liegt am rechten Ufer, zum Bahnhof müssen wir die Brücke überqueren und blicken vom linken Ufer hinab. Da soll ein Bär noch durchblicken.
Hauptsache, der Kapitän weiss, wohin er steuern muss. Wir steigen später in die Eisenbahn um; das Schiff fährt auf dem Untersee weiter bis Konstanz und Kreuzlingen. Die Reise müssen wir unbedingt in voller Länge nachholen.
Das Wandbild am Rathaus stammt von Ursula Leutenegger.
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